Mit dem Bundestag ein Jahr in die USA

Mit dem Bundestag ein Jahr in den USA: Jedes Jahr gehen ca. 350 deutsche Schüler:innen und junge Berufstätige mit einem Stipendium des Deutschen Bundestages in die USA. Im Rahmen des Parlamentarischen-Patenschaftsprogramms (PPP), einem gemeinsamen Austauschprogramm des Deutschen Bundestages und des US-Kongress‘, kann auch ich junge Menschen aus meinem Wahlkreis für das Stipendium nominieren. Für das Schuljahr 2023/2024 habe ich Aimee nominiert. Sie lebte ein Jahr bei einer Gastfamilie in Allentown, Pennsylvania und ging in die örtliche Highschool.

Ich kann nur allen raten, die Interesse an einem Austauschjahr in den USA haben, sich zu bewerben. Was Ihr Spannendes erleben könnt, erfahrt Ihr in Aimees Abschlussbericht:

Hey, ich möchte Euch von meinen bisherigen Erfahrungen mit dem PPP-Stipendium und von meinem Auslandsjahr erzählen.

Das Parlamentarische Patenschaftsprogramm, kurz PPP, ist ein Vollstipendium des Deutschen Bundestages, das Jugendlichen die Möglichkeit bietet, für 10 Monate in den USA zu leben. Voraussetzungen für die Teilnahme am Auswahlverfahren sind politisches Interesse, soziales Engagement und gute schulische Leistungen. In Deutschland werden insgesamt 360 Stipendien vergeben, davon 75 an junge Berufstätige und 285 an Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 17 Jahren. Die Bewerbungsphase und die Vergabe der Stipendien erfolgen nach Wahlkreisen. In diesem Jahr wurde ich als Stipendiatin für den Wahlkreis 184 Groß-Gerau nominiert.

Im Sommer 2022 wurde ich auf das PPP aufmerksam. Obwohl ich damals und auch jetzt kein großer Politik-Guru bin, reichte ich meine Registrierung auf der Website des Deutschen Bundestags ein und konnte nach etwa einem Monat mit meinem Bewerbungsschreiben beginnen. Im Oktober 2022 fand das Auswahlgespräch statt, bei dem ich sehr engagierte Jugendliche aus meinem Wahlkreis kennenlernen durfte. In meinen Augen hätte jeder einzelne die nächste Runde verdient. Um so stolzer war ich, die Prüfer von mir überzeugt zu haben. In der folgenden zweiten Runde traf ich auf meine Abgeordnete, Melanie Wegling. Auch sie galt es zu überzeugen.

Die finale Zusage bekam ich per E-Mail im Februar mitten im Sozialkunde-Unterricht. Ich war extrem aufgeregt und nervös, meine Freunde öffneten die E-Mail für mich und nach ihrem Aufschrei war mir bewusst, dass ich es tatsächlich geschafft hatte. Im Rahmen einer Seminarwoche im Mai 2023 wurde ich gemeinsam mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten auf die Rolle eines Juniorbotschafters vorbereitet. Dort lernte ich viele großartige Menschen kennen, die alle ähnliche Fragen und Sorgen bezüglich unseres bevorstehenden Lebensabschnitts hatten.

Für zehn Monate ging es für mich ins wunderschöne Pennsylvania, einen Bundesstaat im Nord-Osten der USA, genauer gesagt nach Allentown, einer Stadt, die ländlich ist jedoch zugleich in der Nähe zu größeren Städten wie Philadelphia und New York City liegt. Ich besuchte die Parkland Highschool mit etwa 3500 Schülern von der neunten bis zur zwölften Klasse. Anfangs sehr eingeschüchtert und überwältigt von der Größe, doch bald schon der normale Alltag, als wäre ich es nie anders gewohnt gewesen.

Von meiner Gastfamilie wurde ich herzlich empfangen und habe auch gleich ein sehr gutes Verhältnis mit ihr aufgebaut. Da ich bereits gut drei Wochen vor dem eigentlichen Schulstart anreiste, hatte ich genug Zeit, mich einzuleben und die nähere Umgebung kennen zu lernen. Mit meiner neuen Familie wurden schon Trips unternommen und meine kleine Gastschwester und ich verbrachten sehr viel Zeit an unserem Pool. Auch startete ich mit der Suche nach Volunteer-Möglichkeiten, da das Stipendium eine gewisse Stunden an Communityservice verlangt. Ich wurde aktiv bei der lokalen Kirche, arbeitete bei Marathons in der Gegend und unterrichtete mehrere Wochen lang eine 2. Klasse, der ich die deutsche Sprache spielerisch beibrachte und näherbringen konnte.

Als die Schule endlich startete, wurden mir direkt einige Unterschiede zum deutschen Unterricht bewusst. In der Highschool wird eine enorme Auswahl an Fächern angeboten. Mein Stundenplan bestand aus einigen neuen Fächern wie Sport Management, Oceanography, Metorologie, Foods& Cooking sowie Theatre Arts. Natürlich besuchte ich auch normale Fächer wie Geschichte, Englisch, Spanisch usw. Die ungewöhnlichen Fächer bereiten mir jedoch am meisten Freude. Anders als in Deutschland gibt es keine festen Klassengemeinschaften, sondern gemischte Kurse je nach gewählten Fächern. Im Unterricht wird immer mit Chromebooks gearbeitet und fast jeder Test besteht aus Multiple-Choice-Aufgaben. Viele meiner Kurse hatten einen hohen praktischen Anteil, wie z.B. kochen, Schauspiel oder das Sezieren von Tintenfischen und Haien. Die Schule sah tatsächlich aus wie so eine typische Highschool aus Serien und Filmen. Und wie man es daher kennt, gab es auch Spiritweeks, Pep Rallys sowie Popcorn-Friday (hierbei duftet wirklich die ganze Schule nach dem Popcorn). 

Die Football Season begann gleichzeitig mit dem Start der Schule, und meine neuen Freunde und ich machten es eine Tradition, zu jedem Spiel freitags abends zu gehen. Die Football-Spiele hatten immer verschiedene Themen, zum Beispiel hatten wir White Outs, USA, Camouflage Mottos und viele mehr. Zu beginn verstand ich die Regeln des American Footballs noch nicht, doch mit Sport Management als Fach machte ich es mir zur Aufgabe, das Spiel besser zu verstehen. Im September schrieb ich mich für den Mädchen Football Wettbewerb aller Stufen ein und lernte schon schnell die verschiedenen Positionen und Manöver kennen. Unter der Woche hatte ich somit oft Football Training nach der Schule bis zum finalen Spiel im Oktober. Generell war es für mich nicht schwer, von einem Ort zum nächsten zu gelangen, da alle meine Freunde ein Auto hatten und mich netterweise immer mitnahmen.

Im November stand die Civil Education Week an, eine politische Informationsreise in die Hauptstadt Wahshington D.C.. Während des einwöchigen Programms nahm ich gemeinsam mit anderen PPP-Stipendiaten an interessanten Lehrgängen teil und besuchte die Denkmäler und Museen der Hauptstadt. Darüberhinaus hatten wir spannende Gespräche mit Mitarbeitern der Abgeordneten aus unseren jeweiligen Bundesstaaten. Ich erhielt die Möglichkeit, mich mit Senator Fetterman aus Pennsylvania zu unterhalten und einige Fragen zu stellen. Wir haben uns über die Arbeit im U.S.-Congress und unsere bisherigen Erfahrungen in den USA ausgetauscht.

Die Zeit verging viel zu schnell. Ich staune noch immer, wie schnell ich mich in einem neuen Land mit neuen Menschen so wohl fühlen konnte. Ich wollte tatsächlich gar nicht zurückfliegen und mein zweites Zuhause verlassen. Am Ende meines Austauschjahrs habe ich noch einmal viel Zeit mit meinen Freunden und meiner Gastfamilie verbracht. Besonders habe ich mich gefreut, am traditionellen Abschlussball meiner Highschool, der sog. Prom, teilzunehmen.

Durch das PPP wurden mir sehr viele Türen geöffnet und ich habe wundervolle Menschen kennengelernt sowie viel über die Beziehung der USA und Deutschland gelernt. Ich kann es nur allen empfehlen, die überlegen, ein Auslandsjahr zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass dies eine meiner besten Entscheidungen gewesen ist und mir niemand die Erinnerungen und Erfahrungen ­­­­­dieser Zeit wegnehmen kann.

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